Mitarbeit
Mitarbeit als Chance
"... Gelegentlich hat man das Gefühl, dass der Patient in unserem Gesundheitssystem nicht ernst genommen und ihm oftmals auch nicht die nötige Achtung entgegengebracht wird. Man traut ihm nicht zu, die richtigen Entscheidungen treffen zu können, respektiert nicht grundsätzlich seine Selbstverantwortlichkeit. Das Gleiche gilt für die betroffenen Angehörigen. Oft wäre es dringend nötig, auch sie mit einzubeziehen.
Viele Patienten wünschen sich nach der Diagnose durch den Arzt schnell und unkompliziert an weitere Informationen über ihre Krankheit zu gelangen, sich mit Erfahrenen auszusprechen. Zwar gibt es inzwischen viele Bücher und Schriften über einzelne Krankheiten, und auch aus dem Internet sind Informationen zu erhalten, nur dann, wenn es "brennt", auch eventuell unter dem Schock der Diagnose, die jeweils richtigen zu finden, die man auch als Laie versteht, das ist meist "Glücksache".
Hier klafft in unserem Gesundheitssystem eine gewaltige Versorgungs-, besser gesagt eine Angebotslücke. Die Patientengruppe versucht diese Lücke zu schließen ... Es geht nicht um Lamentieren, welches "Wehwehchen" einen heute wieder drückt, sondern um das Annehmen und Akzeptieren eines Problems, damit man es lösen kann ... " [1]
Das Netzwerk der Deutschen Hirntumorhilfe bietet hier eine Chance. Die Veranstaltungen und Veröffentlichungen zum Thema, die Möglichkeiten des Internetportals www.hirntumorhilfe.de und nicht zuletzt der Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen, sind eine wertvolle Hilfe beim Bewältigen der Ausnahmesituation Hirntumor.
"... In den Patientengruppen zählt das Wissen um die Krankheit, die praktischen Tipps, Einfühlungsvermögen und Phantasiereichtum beim Umgang mit der Krankheit und besonders die Erfahrung aus dem Erlebten.
Die gelösten Probleme bauen auf, man sieht, wie es der andere schafft, man fühlt sich nicht mehr allein ... Wie ein aus fernen Ländern zurückgekehrter Urlauber freut sich auch der Patient, wenn er jemanden trifft, der das Gleiche erlebt hat. Für die psychosoziale Betreuung ist in unserem Gesundheitswesen immer weniger Geld und somit Zeit vorhanden. Bei der Patientenselbsthilfe kann man sie - sogar noch kostenlos - erleben.
Der Patient lernt in der Selbsthilfe durch den Erfahrungsaustausch mit Betroffenen mit seiner Krankheit umzugehen, macht dabei eigene Erfahrungen und gibt diese wieder an alte und neue Betroffene weiter. Er kann theoretisch Erforderliches praktisch umsetzen. Gewinnt mit der Zeit Übersicht über den technischen und medizinischen Standard, die verschiedenen Lehrmeinungen und wird "mündig".
Aus dem passiven (Er)Dulder [lat. patiens, patientis, pati] ist ein aktiv an seinem Heilungsprozess Mitarbeitender geworden. Und falls keine eigentliche Heilung mehr - oder zur Zeit noch nicht - möglich ist, so erfährt der Erkrankte zumindest, wie er besser mit seiner Krankheit leben kann und muss nicht erleben, dass noch eine weitere Verschlechterung eintritt, nur weil er nicht ausreichend informiert war.
Der "Patient" wird gesundheitsbewusster, jedoch auch kritischer. Aber für ihn ist Gesundheit nun nicht mehr ein Tabu, sondern ein Thema, das zum Leben gehört und über das man sich ständig neu unterhalten muss. Und mancher ehemals Hoffnungslose und Resignierende findet künftig vielleicht sogar Spaß daran, Gesundheitspolitik mitzugestalten ... " [1]
[1] Ursula Kuhn, "Der Patient im Mittelpunkt des deutschen Gesundheitswesens - aus Sicht einer Patientenorganisation", S. 71-76, Eichhorn Verlag 2000
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