Glioblastom

Glioblastom, IDH-Wildtyp (ehemals auch Glioblastoma multiforme)

Das Glioblastom ist ein hirneigener Tumor, der sich aus den Gliazellen, dem Stützgewebe des Gehirns, entwickelt. Laut WHO-Klassifikation wird dieser aggressiv wachsende Tumor als Grad 4 eingestuft und gilt bis heute als unzureichend therapierbar. Der Zusatz „IDH-Wildtyp“ grenzt das Glioblastom vom Astrozytom 4 ab, welches eine Mutation im IDH-Gen aufweist.

 

Nutzen Sie von Beginn an die Hilfsangebote der Deutschen Hirntumorhilfe für Glioblastompatienten und deren Angehörige. Informieren Sie sich telefonisch unter 0341.5 90 93 96 über aktuelle Standards der Behandlung und informieren Sie sich über neue Therapieoptionen. Sie sind nicht allein.

 

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Histologie

  • von Gliazellen ausgehender, das umliegende Hirngewebe diffus infiltrierender Tumor mit nukleären Atypien
  • hohe Zellteilungsrate, Nekrosen (abgestorbene Gewebeanteile) und/oder mikrovaskuläre Proliferation (Neubildung kleiner Blutgefäße)
  • Glioblastom-definierende molekulare Eigenschaften: TERT-Promotor Mutation, EGFR-Amplifikation oder kombinierte Zunahme/Verlust der Chromosomen 7/10

 

 

Epidemiologie

  • 4.300 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland [2019]
  • pro Jahr erkranken 5 bis 6 von 100.000 Menschen
  • das mittlere Erkrankungsalter beträgt 62 Jahre
  • die Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt mit dem Alter zu und erreicht ihren Höhepunkt im Alter von 75-84 Jahren und geht dann wieder etwas zurück
  • Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen
  • 15 % aller prmären ZNS-Tumoren sind Glioblastome
  • 54 % aller Gliome sind Glioblastome

 

 

Symptome

  • abhängig von der Lokalisation des Tumors
  • Erstsymptom ist häufig ein epileptischer Anfall
  • Hirndruckzeichen (z.B. Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen, Müdigkeit)
  • neurologische Ausfälle (z.B. Seh-, Gefühls- und Sprachstörungen, Lähmungen)
  • psychische Veränderungen (z.B. leichte Reizbarkeit, Desorientiertheit)

 

 

Diagnose

  • kennzeichnend ist die deutliche Zunahme der Krankheitssymptome
  • Diagnose mittels MRT (Methode der Wahl), nachrangig CT
  • falls notwendig ggfs. FET-PET
  • MRT und CT: inhomogene Raumforderung mit umgebendem Ödem
  • oftmals Neigung zu großvolumiger zentraler Nekrose (abgestorbene Gewebeanteile)
  • starke heterogene Kontrastmittelaufnahme
  • girlandenförmige Kontrastmittelanreicherung im MRT
  • diffuse Infiltration in umliegendes Hirngewebe
  • Hauptlokalisation: Großhirnhemisphären sowie der die beiden Hirnhälften verbindende Balken. Bei Wachstum in beide Gehirnhälften entsteht häufig das Bild eines "Schmetterlingsglioms".
  • Diagnosesicherung erfolgt über mikroskopische Untersuchung und molekulargenetische Analyse von entnommenem Tumorgewebe
  • bei Diagnose oft bereits größer als 2-3 cm im Durchmesser
  • Differentialdiagnose: z.B. Metastase, Schlaganfall

 

 

Therapie

  • Neurochirurgie: fluoreszenzgestützte, möglichst komplette Entfernung des sichtbaren Tumorgewebes. Der Erhalt der Hirnfunktionen wird gegenüber einer maximal radikalen neurochirurgischen Entfernung priorisiert. In seltenen Fällen kann der Einsatz von BCNU-Wafern in die Operationshöhle erwogen werden.

 

  • Strahlentherapie: (Standard: Gesamtdosis 60 Gy; 1,8-2 Gy jeden Tag über 30 Tage auf das Tumorvolumen und einen umgebenden Sicherheitssaum von 2-3 cm. Beim CeTeG-Schema erfolgt die Strahlentherapie in Kombination mit CCNU und TMZ in der ersten Woche oder beim Stupp-Schema in Kombination mit täglich niedrigdosiertem TMZ über sechs Wochen. Insbesondere bei älteren Patienten kann eine Anpassung sowohl der Strahlendosis als auch der Fraktionierung (Dosis pro Sitzung) in Betracht gezogen werden.

 

  • Chemotherapie: nach dem CeTeG-Schema bedeutet sechs Zyklen Chemotherapie. Der Behandlungszyklus (1.Tag CCNU, 2.-6.Tag TMZ) erfolgt aller sechs Wochen. Der erste Chemotherapiezyklus startet gleichzeitig mit der Strahlentherapie.

    Beim Stupp-Schema beginnt die Behandlung mit der Strahlentherapie und wird während der Strahlentherapie über sechs Wochen fortgesetzt (auch am Wochenende). Zusätzlich zur Strahlentherapie erfolgt die tägliche Einnahme von Temozolomid niedrigdosiert (etwa eine Stunde vor der Strahlentherapiesitzung). Nach Beendigung der Strahlentherapie folgen sechs Zyklen Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid (Zykluslänge 28 Tage, dabei wird die Chemotherapie an den ersten 5 Tagen jedes Zyklus am Morgen eingenommen. 

 

  • Elektrische Wechselfelder: Die Anwendung wird kontrovers diskutiert und sollte individuell besprochen werden. Der Einsatz erfolgt nach der Strahlentherapie.

 

  • In klinischen Studien werden weitere Therapieansätze (z.B. zielgerichtete molekulare Therapien und Immuntherapien) getestet. Die Möglichkeiten der Teilnahme an einer innovativen Therapiestudie sollten frühzeitig erfolgen. Achtung, der Patient muss den Facharzt aktiv (schon vor der ersten Behandlung) nach offenen Therapiestudien fragen! Auch die Teilnahme an Therapiestudien in ausländischen Kliniken ist möglich. Europaweit gibt es aktuell ungefähr 45 Therapiestudien für die Therapie eines primären Glioblastoms (Stand: September 2024).

 

 

Rezidiv-Therapie

  • erneute Operation
  • erneute Strahlentherapie
  • erneute Chemotherapie, ggfs. mit verändertem Therapeutikum oder Dosisschema
  • Einschluss in eine Therapiestudie (zum Zeitpunkt des Rezidivs gibt es Therapiestudien, die speziell für Patienten mit Glioblastom-Rezidiv offen sind (Europaweit aktuell etwa 25 Studien; Stand September 2024))
  • Off-Label Anwendung von Medikamenten im Rahmen eines individuellen Heilversuchs
  • individueller Heilversuch

 

 

Nachsorge

  • MRT bis 48 Stunden nach der neurochirurgischen Operation
  • weitere MRT Kontrolluntersuchung 6-8 Wochen nach der Strahlentherapie
  • danach alle 2-3 Monate Kontrolluntersuchungen mittels MRT
  • ggfs. zusätzlich FET-PET, MR-Spektroskopie o.a. zur Differenzierung

 

 

Verlauf

  • relativ schnelles Wachstum mit starker Infiltration des umliegenden Gewebes
  • Rezidiv auch nach erfolgreicher Standardtherapie meist innerhalb von einem Jahr
  • Langzeitüberleben (länger fünf Jahre) bei 5-10% der Patienten möglich

 

 

Prognose

  • sehr individuell und abhängig von verschiedenen Faktoren wie z.B.:

    • Alter, Geschlecht und Fitness des Patienten
    • Volumen des Tumors vor der neurochirurgischen Entfernung
    • Resektionsausmaß nach der neurochirurgischen Entfernung
    • genetisches Tumorprofil (u.a. MGMT-Promotormethylierung)
    • Art der Therapie und Therapieansprechen
    • Zeit von Diagnose bis zur Operation

 

  • Grundsätzlich sind mit einer besseren Prognose verknüpft z.B.:

    • Alter unter 65 Jahre
    • weibliches Geschlecht
    • makroskopische vollständige operative Entfernung des Tumors
    • MGMT-Promotor-Methylierung
    • ein guter Allgemeinzustand
    • uneingeschränkte Alltagsaktivität zum Zeitpunkt der Diagnose (Quantifiziert mithilfe des Karnofsky-Performance-Status (KPS))

 

aktualisiert am 09.12.2024

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